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Der Vorsitzende des Ausschusses, MK Simcha Rothman, leitet am 21. Juli 2025 eine Sitzung des Ausschusses für Verfassung, Recht und Justiz im israelischen Parlament, der Knesset. Foto: Yonatan Sindel/Flash90

Israel knebelt seine interne Opposition

Ein neues Gesetz droht mit der Besteuerung ausländischer Spenden

«Ich gehöre zu den Gründerinnen der immer noch aktiven Organisation Women against Violence (Frauen gegen Gewalt). Ohne Hilfe aus dem Ausland wäre ich bzw. wären wir nicht in der Lage gewesen, das Problem der Gewalt anzugehen und die arabischen Frauen durch verschiedene Hilfsangebote zu unterstützen […] Und dies aus dem einfachen Grund, weil der Staat nicht bereit ist, Verantwortung für den Schutz von Frauen zu übernehmen.» Das sagte die Knesset-Abgeordnete Aida Touma-Suleiman von der Partei Die Demokratische Front für Frieden und Gleichberechtigung (Chadasch) in einer aufgeheizten Sitzung des Ausschusses für Verfassung, Recht und Justiz am 5. Mai 2025. (Aufnahme ab 1:04:36) Diese Sitzung war einer äußerst beunruhigenden Gesetzesinitiative gewidmet, die seit der vorbereitenden Anhörung im israelischen Parlament im Februar 2025 für die erste von drei Lesungen vorbereitet wird.

Diese Gesetzesinitiative wurde unter dem Vorwand eingereicht, die israelische Demokratie und Souveränität zu verteidigen. Ihr eigentliches Ziel ist es jedoch, die Handlungsfähigkeit von Menschenrechtsorganisationen erheblich einzuschränken und in manchen Fällen sogar gänzlich zu verhindern. Sie besteht aus einem Änderungsvorschlag zur bestehenden Gesetzgebung für Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Tritt dieses Gesetz in Kraft, wäre die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen, die gegen Apartheid und die israelische Besatzung und für Menschenrechte und Demokratie kämpfen, erheblich beeinträchtigt und in manchen Fällen sogar komplett unmöglich. Ich werde im Folgenden darlegen, weshalb dieses Gesetz, sollte es vom Parlament verabschiedet werden, einen weiteren Meilenstein in der Zerstörung der israelischen Demokratie und der Entwicklung Israels zu einem autoritären Staat darstellt.

In der derzeitigen Formulierung dieser Gesetzesinitiative heißt es, dass Organisationen, die eine bestimmte (noch festzusetzende) Summe an ausländischen Spenden erhalten, ihrem Finanzbericht eine schriftliche Erklärung darüber anhängen müssen, dass sie in einem Zeitraum von drei Jahren von weitreichenden Aktivitäten absehen. Es handelt sich hierbei, wie später noch genauer aufzuführen sein wird, um Aktivitäten, deren Ausübung Staatsdiener*innen untersagt ist, sowie solchen, die Lobbyist*innen nur dann ausüben dürfen, wenn sie von einem bestimmten Ausschuss der Knesset hierfür eine Erlaubnis erhalten haben. Zudem handelt es sich um solche Aktivitäten, die vom israelischen Recht als Wahlaktivitäten angesehen werden. NGOs, die eine solche schriftliche Erklärung nicht leisten oder sie verletzen, sollen zu einer Steuerzahlung von 23 bis 46 Prozent auf Spenden von «fremden Staatswesen» verpflichtet werden. Darüber hinaus schlägt die Gesetzesinitiative vor, dass zwei aufeinanderfolgende Sanktionen rechtswidrigen Verhaltens (wobei die soeben genannten Verstöße mitgemeint sind) die Auflösung einer NGO begründen können.

Im Kontext des NGO-Gesetzes werden als Spenden von fremden Staatswesen solche Spenden verstanden, deren Quelle entweder ein fremder Staat oder eine Union oder Gruppe von Staaten ist, wie etwa die Europäische Union oder die verschiedenen Körperschaften der Vereinten Nationen. Der Begriff «fremde Staatswesen» zielt also auch auf lokale Botschaften und Kirchenstiftungen – insofern deren Einnahmen sich aus Geldern zusammensetzen, die sie von ihren jeweiligen Herkunftsländern erhalten – sowie andere staatlich finanzierte Organisationen ab. Das heißt, dass zum Beispiel in Bezug auf Deutschland auch politische Stiftungen, wie etwa die Rosa-Luxemburg-Stiftung, von der Gesetzesnovelle betroffen wären.

Der Begriff «fremde Staatswesen» zielt also auch auf lokale Botschaften und Kirchenstiftungen ... sowie andere staatlich finanzierte Organisationen ab. Das heißt, dass zum Beispiel in Bezug auf Deutschland auch politische Stiftungen, wie etwa die Rosa-Luxemburg-Stiftung, von der Gesetzesnovelle betroffen wären.

Es ist wichtig festzuhalten, dass die hier genannten Restriktionen und Sanktionen nur auf solche NGOs Anwendung finden sollen, deren Spendeneinnahmen von fremden Staatswesen einen bestimmten (noch festzusetzenden) Betrag überschreiten. Sie finden jedoch in keinem Falle Anwendung auf Organisationen, die sich durch Zuwendungen von Privatspender*innen, dem israelischen Staat oder israelischen Institutionen finanzieren. Diese Unterscheidung ist signifikant. Denn es sind gerade die kritischen, progressiven und linksgerichteten israelischen NGOs, die Spenden von fremden Staatswesen erhalten, während rechtsgerichtete israelische NGOs finanzielle Unterstützung aus dem Ausland zumeist von Privatspender*innen erhalten. Es sind kritische Organisationen wie B’Tselem und Breaking the Silence («Das Schweigen brechen»), die oft in Argumentationen für die vorgeschlagene Gesetzesänderung angeführt werden.

Eine entsprechende Gesetzesänderung würde somit die Arbeit von vielen verschiedenen Organisationen, die sich gegen die Besatzung und für die Förderung von Menschenrechten, Demokratie, Bürgerrechten, marginalisierten Gruppen und der palästinensischen Minorität in Israel einsetzen, massiv behindern. Sollte der Vorschlag zur Gesetzesänderung durchkommen, wäre das ein schwerer Schlag für diese Organisationen.

Es mag begründet und sogar wünschenswert erscheinen, es NGOs zu verbieten, sich aktiv in die Führung von Parteien einzumischen, sich an Kampagnen anlässlich öffentlicher Wahlen zu beteiligen oder Knesset-Abgeordnete zu bestechen, täuschen und unter Druck zu setzen. Allerdings bleibt die Frage, ob bestimmte Vorgaben gebrochen wurden oder nicht, oft Sache von Interpretation. Wo sollen wir zum Beispiel die Grenzen ziehen zwischen legitimer Kritik an der Knesset oder einem ihrer Abgeordneten und der tatsächlichen Verletzung ihrer Würde? Oder etwa zwischen legitimem Wahlkampf und unerlaubtem Einfluss auf Wähler*innen? Während Verbot oder Zulassung solcher Aktivitäten streitbar sind, bezieht sich die vorgeschlagene Gesetzesänderung auch auf solche Aktivitäten, deren Verbot eine klare Verletzung demokratischer Freiheiten darstellen würde. So etwa das Verbot der Organisation von öffentlichen politischen Versammlungen, solchen Versammlungen vorzustehen oder auf ihnen zu sprechen oder das Vorgehen des Staates öffentlich zu kritisieren (beispielsweise auf Pressekonferenzen, in Interviews oder anderweitig in den Medien). Zudem steht es im Rahmen der Gesetzesinitiative zur Diskussion, zu den genannten verbotenen Aktivitäten noch folgende hinzuzufügen: Aufrufe zum Boykott Israels, das Kooperieren mit einer Terrororganisation (das heißt einer Organisation, die Israel als Terrororganisation einstuft) sowie individuelle Aktivitäten, die den Staat Israel delegitimieren und seinen Charakter als jüdischen Staat negieren.

Die NGOs, auf die die durch die Gesetzesänderung festgelegten Kriterien zutreffen, würden somit einen bedeutenden Teil ihrer Einnahmen verlieren und ihrer Arbeit nicht mehr wie zuvor, wenn überhaupt noch, nachgehen können. Wie bereits erwähnt, sollen jene NGOs, die den Vorgaben nicht folgen, zwischen 23 und 46 Prozent Steuern auf Spenden von fremden Staatswesen zahlen. Es darf mit Sicherheit angenommen werden, dass kein demokratischer Staat der Vergabe von Geldern an eine zivilgesellschaftliche Organisation unter diesen Umständen zustimmen wird. Die Gesetzesänderung, sollte sie von der Knesset gebilligt werden, würde die bislang zentralen Finanzierungsquellen für israelische NGOs kappen. Sie bestehen aus Finanzierungsprogrammen, die von mit Israel verbündeten Staaten rund um den Globus zum Demokratieaufbau und der Förderung von Menschenrechten betrieben werden; hinzu kommen staatlich finanzierte Hilfsorganisationen sowie Körperschaften der Europäischen Union und der Vereinten Nationen.

Vertreter*innen der Gesetzesinitiative erklären, dass die direkte finanzielle Unterstützung israelischer NGOs durch sogenannte fremde Staatswesen eine indirekte Einflussnahme fremder Regierungen und Staatswesen auf den Staat Israel darstelle. Demnach, so führen sie weiter aus, überschreite diese Unterstützung die Grenzen des demokratischen Systems und untergrabe die Souveränität und Unabhängigkeit des Staates Israel. Sie verstehen die NGOs – und dieser Punkt kam explizit in den Diskussionen des Ausschusses zur Sprache – als Vertreterinnen der fremden Staatswesen, von denen sie Spenden erhalten, und nicht als lokale und autonome Organisationen, die ihre jeweils eigene Agenda verfolgen. Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass sie die Agenden und die Interessen dieser fremden Staatswesen vertreten. In diesem Kontext wird einsichtig, weshalb die vorgesehenen Restriktionen auf denjenigen basieren, die für Staatsdiener*innen und Lobbyisten gelten.

Wirft man einen genaueren Blick auf die Details der vorgelegten Gesetzesänderung sowie auf die von ihren Fürsprecher*innen gemachten Äußerungen, so wird deutlich, dass die Motivation dieser Gesetzesinitiative nicht die Verteidigung der Demokratie ist. Denn sollte diese Gesetzesinitiative tatsächlich die Verhinderung fremden Einflusses auf interne Staatsangelegenheiten anstreben, so stellt sich die Frage, warum sie zwischen privaten Zuwendungen und Zuwendungen von «fremden Staatswesen» unterscheidet und lediglich Letztere ins Visier nimmt. Zwar trifft es zu, wie die Fürsprecher*innen der Gesetzesänderung geltend machen, dass Staaten über diplomatische Kanäle ihren Einfluss geltend machen können. Jedoch unterliegen deren Zuwendungen an zivilgesellschaftliche Organisationen strengen Auflagen und regelmäßigen Kontrollen, was bei privaten Zuwendungen nicht der Fall ist. Zudem versuchen auch Privatpersonen mittels Spenden an ausgewählte zivilgesellschaftliche Organisationen politischen Einfluss zu nehmen. Ein Paradebeispiel dafür ist das Kohelet-Forum, das den Großteil seiner Gelder von ausländischen Privatspender*innen erhält und eine rechtsgerichtet-konservative Agenda verfolgt, indem es beispielsweise Positionspapiere und politische Empfehlungen verfasst, die Einfluss auf Regierungsstrategien nehmen sollen.

Das Israel Democracy Institute hat interessanterweise herausgefunden, dass es, abgesehen von den erodierenden Demokratien Polens und Ungarns, keinen vergleichbaren Fall des Vorgehens gegen ausländische Spenden in anderen westlichen Demokratien gibt. Polen und Ungarn versuchen, regierungskritische zivilgesellschaftliche Organisation finanziell zu schädigen und deren Aktivitäten einzuschränken. Die dazu eingesetzten Maßnahmen sind jedoch weit weniger extrem als die in Israel vorgelegte Gesetzesänderung; zudem wird nicht zwischen privaten Zuwendungen und solchen, die von Staaten kommen, unterschieden. Zum Beispiel müssen in Ungarn zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich durch ausländische (private oder staatliche) Zuwendungen finanzieren, dies auf ihren Websites und anderen von ihnen genutzten Plattformen bekanntgeben (wie weiter unten erwähnt, wurde diese Maßnahme auch in Israel implementiert). In Polen werden vor allem Maßnahmen ergriffen, die die Möglichkeiten des Erhalts finanzieller Unterstützung limitieren. Das polnische Gesetz sieht es beispielsweise vor, dass nur solche Organisationen, die christliche und patriotische Werte fördern, von der Regierung zu unterstützen sind.

Um die ganze Bedeutung sowie die schwerwiegenden Folgen, die diese Gesetzesänderung nach sich ziehen würde, verstehen zu können, ist es notwendig, die Perspektive etwas zu erweitern und sich den historischen Hintergrund anzusehen, vor dem die Initiative entstehen konnte. Gesetzesinitiativen, die es auf Organisationen abgesehen haben, die mehr als die Hälfte ihrer Einnahmen durch Zuwendungen von «fremden Staatswesen» generieren, sind nichts Neues. Auch in der Vergangenheit wurden bereits Vorschläge zur Besteuerung dieser Gelder gemacht, verschwanden aber wieder vom Verhandlungstisch, zumeist aufgrund internationalen Drucks. Unter dem Vorwand, sich für Transparenz einzusetzen, sind zwischen 2008 und 2016 verschiedene Gesetzesinitiativen zu Berichts- und Dokumentationspflichten für finanzielle Zuwendungen von der Knesset gebilligt worden. Dabei wurden die Forderungen sukzessiv verschärft: Zuerst ging es um die regelmäßige Meldung von bestimmten Spenden, dann um die Registrierung zivilgesellschaftlicher Organisationen und letztlich darum, dass diese verpflichtet werden, bei jedem öffentlichen Auftreten explizit zu machen, dass sie von «fremden Staatswesen» unterstützt werden. Mit öffentlichem Auftreten waren auch Publikationen und E-Mails sowie Reden auf öffentlichen Veranstaltungen und Interviews in den Medien gemeint.

Ein anderes legislatives Mittel, mit dem das israelische Regime Organisationen und Einzelpersonen, die die israelischen Strategien und Praktiken in den besetzten palästinensischen Gebieten kritisieren, zu schwächen versucht, ist die Kriminalisierung der direkten und indirekten Unterstützung des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen in Den Haag (IGH). Ein Gesetzesentwurf mit dem Titel «Zum Schutz israelischer Amtsträger vor dem Vorgehen des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag gegen den Staat Israel» lag dem israelischen Parlament im Februar 2025 zur Anhörung vor und wird derzeit für die erste von drei Lesungen vorbereitet. Dies ist ein ziemlich elaborierter Gesetzesentwurf. In den Passagen, in denen es um die Unterstützung des Internationalen Gerichtshofs geht, sind die Formulierungen, was genau mit Unterstützung gemeint ist, jedoch sehr vage, sodass sich das im Laufe des Verhandlungsprozesses noch ändern kann. Momentan ist die Definition sehr weit gefasst und belegt die Unterstützung des Internationalen Gerichtshofs mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren; im Fall der Weitergabe von Verschlusssachen droht sogar eine lebenslange Haftstrafe.

Diese Gesetzesvorlage soll es verunmöglichen, dass irgendeine Einzelperson oder Organisation aus Israel Daten oder Informationen publiziert, die möglicherweise vom Internationalen Gerichtshof gegen israelische Amtsträger*innen verwendet werden könnten. So könnte zum Beispiel fast die gesamte Arbeit der NGO B’Tselem («Ebenbild»), die die Dokumentation, Untersuchung und Veröffentlichung von schwerwiegenden Verletzungen der Rechte von Palästinenser*innen umfasst, als Vergehen eingestuft werden (E-Mail von B’Tselem vom 25.2.2025). Solche, wie die von B’Tselem zur Verfügung gestellten Berichte, Daten und Informationen, die die Strategien und das Handeln des Staates Israel kritisch aufarbeiten, stellen die tägliche Arbeitsgrundlage für viele Menschenrechtsorganisationen in Israel dar. Wie Breaking the Silence erklärt, könnten auch auf Websites veröffentlichte Zeugenberichte von Soldat*innen unter den Begriff der Unterstützung subsumiert werden, da es theoretisch möglich ist, dass aus ihnen im Rahmen von gegen den Staat Israel vorgebrachten Klagen am Internationalen Gerichtshof zitiert wird (E-Mail von Breaking the Silence vom 24.2.2025). Dem Völkerrechtsexperten Prof. Itamar Mann zufolge könnte der Gesetzesentwurf in seiner gegenwärtigen Form auch auf Forschungsarbeiten Anwendung finden, die, sollten deren Ergebnisse den Internationalen Gerichtshof erreichen, eine israelische Verantwortung für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder einen Genozid nachweisen. Mann macht darauf aufmerksam, dass eine solche Gesetzgebung junge Akademiker*innen vermutlich davon abhalten wird, diese Felder zu beforschen. Sollte sie Realität werden, würde dies höchstwahrscheinlich, auch wenn die finale Formulierung des Gesetzes moderater ausfallen sollte, eine äußerst abschreckende Wirkung haben.

Solche Gesetzgebungsverfahren sind jedoch nur ein Teil einer langangelegten und umfassenden Kampagne, deren Ziel es ist, Organisationen, die sich für Menschenrechte sowie Demokratie und gegen die Besatzung einsetzen, nicht nur finanziell zu schwächen, sondern ihre Arbeit generell zu behindern und zu delegitimieren. So lancieren rechte Politiker*innen, bestimmte zivilgesellschaftliche Organisationen, Journalist*innen und andere Akteure Schmutzkampagnen und bringen diverse Druckmittel zum Einsatz, um kritische und progressive Veranstaltungen zu verhindern. Der Knesset-Abgeordnete Simcha Rothman, der der religiös-zionistischen Fraktion angehört und Vorsitzender des Ausschusses für Verfassung, Recht und Justiz ist, setzte seine Reden in die Tat um. Bezüglich der ursprünglichen Fassung der Gesetzesänderung, die sich auf die Besteuerung von Spenden konzentrierte, die NGOs, die finanziell nicht vom israelischen Staat unterstützt werden, von fremden Staatswesen erhalten, sagte Rothman, dass die vorgeschlagene Besteuerung das Symptom (die finanziellen Zuwendungen von fremden Staatswesen), aber nicht die Krankheit bekämpfe. Die Krankheit seien die Aktivitäten von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie B’Tselem selbst, die ein starkes Durchgreifen des Staates verlangten. Rothman nutzte seine Rolle als Vorsitzender des Ausschusses für Verfassung, Recht und Justiz, um eine Fassung der geplanten Gesetzesänderung durchzusetzen, die erhebliche Unterschiede zur originalen Fassung aufweist. Die von ihm vorgebrachte Fassung adressiert in der Tat die Aktivitäten jener NGOs. Das zeigt, dass die vorgesehenen Restriktionen für Spenden von fremden Staatswesen ein Mittel sind, nur ganz bestimmte Organisationen zu attackieren.

Hilfsorganisationen sagen, dass sie besonders über die Auflage besorgt sind, Namen, Kontaktinformationen sowie Identifikationsnummern ihrer palästinensischen Mitarbeiter*innen zur Verfügung zu stellen, was diese in große Schwierigkeiten bringen kann. 

Die hier beschriebenen verstärkten Anstrengungen, Kritiker*innen am israelischen Regime zum Schweigen zu bringen, richten sich nicht allein gegen israelische, sondern auch gegen internationale Organisationen. Im Februar 2025 stimmte die Knesset der Erweiterung des Kriterienkatalogs zu, mit dessen Hilfe es möglich ist, Personen, die keine israelische Staatsbürgerschaft besitzen, die Einreise und den Aufenthalt in Israel zu untersagen. Dies betrifft Einzelpersonen und Organisationen, die, nach dem Dafürhalten der israelischen Behörden, die Ereignisse des 7. Oktober oder den Holocaust geleugnet haben oder ihre Unterstützung dafür zum Ausdruck gebracht haben, dass Angehörige des israelischen Militärs vor einem internationalen Gericht zur Rechenschaft gezogen werden. Diese neue Gesetzgebung beruht auf einer Gesetzesänderung von 2017, die es Einzelpersonen und Organisationen, die sich für den Boykott Israels einsetzen, verbietet, in das Land einzureisen. In einem offenen Brief haben neun palästinensische zivilgesellschaftliche Organisationen, die in Israel tätig sind, im April 2025 erklärt, dass der israelische Staat de facto schon seit Langem die Einreise von Menschenrechtsaktivist*innen, Rechtsexpert*innen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, die Kritik am Staat Israel und seiner Politik üben, unterbindet.

Im Dezember 2024 hatte die israelische Regierung entschieden, ein ministerienübergreifendes Team einzusetzen, das mit der Aufgabe betraut werden soll, internationale NGOs, die vor allem Palästinenser*innen unterstützen, zu registrieren und Empfehlungen darüber abzugeben, ob deren ausländische Mitarbeiter im Land bleiben dürfen oder nicht. Dabei räumte die Regierung dem Team weitreichende Befugnisse ein, um über die Registrierung von internationalen NGOs zu entscheiden, das heißt, die Registrierung gegebenenfalls auch abzulehnen. Hierzu gibt es umfassende Leitlinien, die unter anderem die Prüfung vorsehen, ob NGOs oder deren Mitarbeiter*innen jemals zum Boycott des Staates Israel aufgerufen oder seine Existenz als «jüdischen und demokratischen Staat» geleugnet haben. Ebenso dürfen die Mitarbeiter*innen nicht ihre Unterstützung von internationalen Gerichtsprozessen zum Ausdruck gebracht haben, die gegen israelische Staatsbürger*innen aufgrund von Taten, die diese während ihres Dienstes im Militär oder irgendeiner anderen Sicherheitsbehörde begangen haben, geführt werden.

Hilfsorganisationen sagen, dass sie besonders über die Auflage besorgt sind, Namen, Kontaktinformationen sowie Identifikationsnummern ihrer palästinensischen Mitarbeiter*innen zur Verfügung zu stellen, was diese in große Schwierigkeiten bringen kann. Internationale NGOs weisen darauf hin, dass diese neuen und weitreichenden rechtlichen Instrumente gezielt gegen jene Gruppen zur Anwendung kommen könnten, die die deutlichste Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung in Gaza äußern.

In einer Pressemitteilung vom Mai 2025, die von 55 in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten aktiven Organisationen unterzeichnet wurde, heißt es, dass die neuen Registrierungsmaßnahmen des Staates Israel eine ernste Bedrohung für humanitäre Einsätze und das internationale Recht darstellen. «Diese neuen Regelungen», so heißt es weiter, «sind Teil eines umfassenderen und langfristigen Vorgehens gegen die humanitäre Arbeit und den zivilgesellschaftlichen Raum», das sich durch eine Reihe von Maßnahmen auszeichnet, «die den Zugang zu humanitärer Hilfe erschweren, die Sicherheit des Personals gefährden und die Grundprinzipien humanitärer Arbeit unterminieren».

Nach seinem auf einen Genozid ausgerichteten Angriff auf Gaza, treibt das israelische Regime die oben beschriebenen sowie weitere Maßnahmen voran. Zudem forciert es weiterhin die ethnische Säuberung und Annexion des Westjordanlands durch militärische Operationen und die Gewalt von Siedler*innen ebenso wie durch die Implementierung von fundamentalen Veränderungen in der strukturellen und praktischen Kontrolle des Westjordanlands. Erst in diesem Kontext werden die Bedeutung und die schwerwiegenden Folgen der Gesetzesinitiative verständlich.

Bis vor Kurzem haben Politiker*innen der Opposition sowie die öffentliche Meinung sich angesichts der extrem rechten Agenda der israelischen Regierung entweder unterstützend oder gleichgültig gezeigt, und dies, obgleich diese Agenda mit zerstörerischer Gewalt vorgeht und, wie beschrieben, die Unterdrückung jeglicher Kritik und jeglichen Widerstands anstrebt. Das ist zum Teil – wenn nicht gar gänzlich – auf den bereits lang anhaltenden und strategisch ausgerichteten Prozess der Schwächung liberaler und progressiver Akteure und des Aufbaus eines rechten Gewaltmonopols zurückzuführen. Die politische und breitere institutionelle Elite Israels hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten verändert. Fürsprecher*innen einer rechten Agenda haben nach und nach Führungspositionen in zentralen Institutionen, etwa im Militär, in der Wissenschaft, im Justizsystem und in den Medien, übernommen und so begonnen, die öffentliche Meinung und den öffentlichen Diskurs in Israel zu prägen. Die von der aktuellen Regierung vorangetriebene Revision des israelischen Rechts, die das israelische System der Gewaltenteilung zersetzt und den Staat in ein autoritäres Regime transformiert, kann als Kulminationspunkt dieses Prozesses betrachtet werden.

Mehrere prominente zivilgesellschaftliche Organisationen haben Stellungnahmen veröffentlicht, in denen sie ihren Widerstand gegen den Gesetzesentwurf zum Ausdruck bringen. Zu diesen Organisationen gehören unter anderen das Israel Democracy Institute, die Association for Civil Rights in Israel (Vereinigung für Zivilrechte in Israel), die LGBTQ+ Coalition (LGBTQ+ Koalition) und Brothers in Arms («Waffenbrüder»). Der Bürgerausschuss zur Untersuchung der von der Hamas am 7. Oktober 2023 begangenen Verbrechen hat mit dem Hinweis darauf, dass sein Zeugenarchiv dank der deutschen Botschaft in Israel existiert, ebenfalls seinen Widerspruch bekundet. Progressive israelische Akteure haben Lobbyarbeit, die mit erheblichen Anstrengungen verbunden ist, gegen die geplante Gesetzesänderung betrieben. Diese Bemühungen scheinen erste Früchte zu tragen, da das Gesetzgebungsverfahren mehr und sogar kritische Aufmerksamkeit seitens der Medien erfährt und Knesset-Abgeordnete, die der Opposition angehören, öffentlich ihren Widerspruch äußern. Hierbei handelt es sich nicht nur um Mitglieder von Chadasch, sondern auch von Parteien der Mitte, wie Jesch Atid («Es gibt eine Zukunft»), der Demokratischen Partei oder des Bündnisses Nationale Einheit (haMachane haMamlachti).

Ohne die Bedeutung dieser Bemühungen und Entwicklungen vor Ort unterschätzen zu wollen, zeigen vergangene Erfahrungen allerdings, dass es der internationale Druck, vor allem aus den USA und vermutlich auch aus Deutschland, gewesen ist, der ein derartiges Vorgehen gegen kritische und progressive NGOs in der Vergangenheit erfolgreich abwenden konnte. Mit Trump als US-amerikanischem Präsidenten ist es allerdings unwahrscheinlich, dass sich die US-Administration den intendierten Maßnahmen oder der Kriminalisierung der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag entgegenstellen wird. Es bleibt abzuwarten, welche Position die EU und Deutschland letztlich einnehmen werden.

Angesichts der schweren humanitären und politischen Krise in Gaza, der gravierenden Entwicklungen in der Westbank und der fortschreitenden Revision des israelischen Rechtssystems scheint die hier diskutierte Gesetzesinitiative ein kleines Problem zu sein. Diese Initiative nimmt jedoch unter anderen genau jene zivilgesellschaftlichen Organisationen ins Visier, die nachdrücklich vom israelischen Staat fordern, dass er seinen moralischen und rechtlichen Verpflichtungen nachkommt, und die die internationale Gemeinschaft dazu aufrufen, ihn zur Verantwortung zu ziehen. Die internationale Gemeinschaft sollte sich deshalb mit all der ihr zur Verfügung stehenden Macht gegen diese gefährliche und antidemokratische Initiative zur Wehr setzen.

Aus dem Englischen von Christoph Hopp

Autor:in

Tamar Almog is a project manager at the Rosa Luxemburg Foundation's Israel office in Tel Aviv.

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